Der Weihnachtsgurke auf der Spur

22. Dezember 2018


In meinen Weihnachtskisten hebe ich seit Jahrzenten auch alten Baumschmuck, teilweise noch in der Originalverpackung auf. Die Gebrauchsspuren sind gut zu sehen, mal ist weisser, dann wieder roter Kerzenwachs auf die schön verzierten Kugeln und Glöckchen getropft. Altertümliche Aufhängevorrichtungen oder gar vergilbte Schnürchen weisen auf das Alter des Schmucks hin.

Ich hüte diese Schätze, denn beim Anblick werden Kindheitserinnerungen wieder wach und lassen mich in die warme Stube mit dem Holzofen und den Sitzbänken (Kunst) meiner Grosseltern reisen – die Luft erfüllt von Tannenduft und Änisbrötli.
Nach dem zarten Klang der Glöckchen (vom Weihnachtskind erzeugt, wie uns unsere Eltern versicherten), durften wir zwei Geschwister endlich die Stube betreten, um den geschmückten und mit Kerzenlicht erhellte Weihnachtsbaum mit den Päckli zu bestaunen. Nie war ich schnell genug, um das Weihnachtskind, das uns den schönen Baum geschmückt und all die Geschenke gebracht hat, noch zu sehen. Lediglich das kleine Fenster „Flügeli“ war noch offen, durch das „s Wiehnachtschindli“ mit dem letzten Luftzug verschwunden ist. Schliesslich musste es auch andere Familien beschenken.

Seit einem Jahr habe ich einen neuen Schatz in meiner Kiste.
Eine Gurke, besser gesagt eine Weihnachtsgurke! Die fällt auf und aus dem Rahmen, zumindest in der Schachtel. Mir ist schon bewusst, dass allerlei Weihnachtsschmuck auf dem Markt erhältlich ist, von der Vespa, über die Gondelbahn, hin zu Flamingo, Schildkröte, Bierkrug, Grill, Lippenstift, Reisekoffer, Muffins, Hotdog-Verkaufsstand, Foodtruck bis zur Badeente. Aber eine Gurke? Und vor allem, wie kamen meine Schwiegereltern in den Besitz einer Weihnachtsgurke, dieser Schmuck passt so gar nicht zum anderen. Diese Frage kann ich leider nicht beantworten. Aber der Frage, was es mit der Weihnachtsgurke auf sich hat, bin ich nachgegangen.
In den USA soll es ein beliebter Weihnachtsbrauch sein, seinen Weihnachtsbaum mit einer Weihnachtsgurke „Christmas Pickle“ zu schmücken. Eine Legende besagt, dass dieser Brauch ursprünglich aus Deutschland stamme. Diese Vermutung kann entstehen, wenn man bedenkt, dass bereits im 19. Jahrhundert Christbaumschmuck aus Deutschland nach Amerika exportiert wurde. Die erste Weihnachtsgurke soll in der thüringischen Glasbläserei in Lauscha um 1900 geblasen worden sein.
Vermutungen und Legenden zur Weihnachtsgurke sind zahlreich. Wer sich gerne ins Thema vertiefen möchte, dem empfehle ich folgende Artikel:
Kennen Sie die Tradition um die Weihnachtsgurke?
Was macht die Gurke am Weihnachtsbaum?
Weihnachtsgurke Wikipedia

Bildquelle: https://christbaumkugel.com/fruchte/527-weihnachtsgurke-inge-glas-christbaumschmuck.html

Der eigentliche Brauch besteht darin, dass die Gurke(n) gut getarnt am Weihnachtsbaum befestigt wird. Wer nun die Weihnachtsgurke ohne den Baum zu berühren zuerst entdeckt, darf sein Päckli zuerst öffnen oder erhält sogar ein Extra-Geschenk. Eine andere Variante gefällt mir am besten: Wer die Gurke findet, hat ein Jahr lang Glück! Damit Klein und Gross eine Chance haben, die Gurke zu finden, ist sie in verschiedenen Grössen erhältlich. Dies ermöglicht eine Anpassung des Schwierigkeitsgrades, abhängig von Baumgrösse und Alter der Kinder (oder Erwachsenen).

Viel Spass beim Suchen. Von Herzen wünsche ich ein ganzes Jahr Glück!
Silvia Niederhauser