Weihnachtsfeier im Funkelstern

23. Dezember 2017


Polka hatte es vom Hofhund erfahren. Dieser hatte es von Gustavssons Hund: Pettersson war weg! In den Ferien! In einem HOTEL!
Pilka, Pulka, Mutter und Vater sperrten Mund, Nase und Augen auf. So was gibt es ja gar nicht. In einem HOTEL!
„Was der alte Pettersson kann, können wir noch lange!“ meinte Pulka etwas eifersüchtig.
Und die Wichtelmutter sagte: „Nach dem Tod des Grossvaters im Herbst, wird Weihnachten diesmal eh nicht mehr dasselbe sein. Wir könnten auch mal etwas ganz Anderes machen. Warum nicht Ferien im Hotel?“
So kam es, dass die schwedische Wichtelfamilie, die bisher weder ihren Hof, noch ihre Bauernfamilie je verlassen hatte, sich für Heiligabend im Hotel Funkelstern anmeldete.

Als Herr P. dies erfuhr, eilte er sofort zur Direktorin. „Sind Sie sich bewusst, was dieser Besuch für Ihr Hotel bedeutet?“ fragte er. „Ihre ganze Zukunft, Ihr ganzes Glück oder Unglück kann davon abhängen.“ Die Direktorin schaute ihn verwundert an: „Es scheinen aber doch eher kleine Gäste zu sein, die wir heute Abend erwarten. Können diese denn eine solche Macht haben?“ Herr P. erklärte ihr, dass es ganz besonders dem Vater der Wichtelfamilie sehr wichtig sei, an Heiligabend seinen Weihnachtsbrei hingestellt zu bekommen. Andernfalls lasse er seinen Zorn ein ganzes Jahr lang an den Hausbewohnern aus. Herr P. war sich nicht sicher, ob der Wichtelvater dies nur mit seiner Bauernfamilie zu tun pflegte, oder ob es auch dem Hotel Funkelstern drohen könnte. „Sie gehen besser auf Nummer sicher, Frau Direktorin, und geben dem Koch den Auftrag, für heute Abend einen schönen Weihnachtsbrei zu kochen. Ich habe ein Rezept von meiner Grossmutter, welches den Wichteln bestimmt schmecken wird.“

Der Koch bedankte sich bei Herrn P. für das Rezept, brauchte aber etwas Hilfe bei der Übersetzung. „Na, das ist doch einfach,“ meinte Herr P. „Für ‚grötris’ nehmen Sie Milchreis. ‚Mjölk’ und ‚salt’ verstehen Sie bestimmt. ‚Kanelstång’ heisst Zimtstange und ‚skalade hela mandlar’ sind geschälte ganze Mandeln.“ – „Und was bedeuten ‚1 tsk smör per portion’?“ – „Ein ‚tesked’ ist ein Teelöffel. – Ein Teelöffel Butter pro Portion.“ – „Ach so. Aber in der letzten Zeile verstehe ich etwas gar nicht: Also ‚kanel’ ist ‚Zimt’ und ‚malen’ heisst wohl ‚gemahlen’ aber was kann denn ‚knivsudd’ bedeuten?“ Herr P. lachte laut los: „Also ‚kniv’ heisst Messer und ‚knivsudd’ Messerspitze. Wie viel das genau sein soll, liegt am Messer und an Ihrem Ermessen. Alles klar?“ – „Absolut!“ meinte der Koch und klemmte sich hinter den Herd.

Am späten Nachmittag kommt die Wichtelfamilie an. Wichtelvater, Wichtelmutter und drei Wichtelkinder, alle in südschwedischer Tracht mit roten Zipfelmützen auf den Köpfen. Sie stellen keine Ansprüche, sind mit wenig Platz zufrieden und richten sich lachend und plaudernd in der linken Dachkammer ein.
Im Speisesaal laufen unterdessen die Vorbereitungen für die Weihnachtsfeier auf Hochtouren. Alle Gäste und Hotelangestellten sind irgendwie involviert. Der Weihnachtsbaum ist bereits aufgestellt und mit Kerzen, roten Kugeln und Zuckerstangen geschmückt, auf der Baumspitze glitzert ein Funkelstern. Die Fenster sind weihnächtlich dekoriert und Lebkuchen und Brötchen gebacken. Nun werden die Tische gedeckt und dekoriert, Girlanden gespannt, reihenweise Kerzen platziert, die letzten Geschenke eingepackt und Karten geschrieben.
Die Wichtel bringen ein ganzes Fässchen von ihrem legendären selbstgebrauten Weihnachtsbier, das sie im Gepäck hatten. Sie freuen sich, Herrn P. und seine Katze zu treffen. Ihnen fühlen sie sich nicht nur aus sprachlichen und kulturellen Gründen verbunden – nein, sie stammen ja auch alle aus derselben Feder (von Sven Nordqvist nämlich) und haben deshalb sozusagen die gleiche DNA. Über die Sprachgrenzen hinweg freunden sie sich aber auch schnell mit Himpelchen und Pimpelchen an. Diese haben dieselbe Wellenlänge, das merkt man sofort. Schliesslich findet die Wichtelfamilie auf der Galerie ein Plätzchen, wo sie sich richtig wohl und zu Hause fühlt.

Und dann wird gefeiert. Lysander schnalzt mit der Zunge und bringt die so die Kerzen am Baum zum Leuchten. Die Hoteldirektorin steht persönlich hinter dem Tresen des Buffets und bewirtet ihre Gäste mit einem wunderbar vielseitigen Weihnachtsbuffet. Es wird gegessen und getrunken. Der Portier serviert das Weihnachtsbier in Sektgläsern. Die Dame von Metropol prostet den drei Hühnern zu. Auch Izzi und Ugi probieren das besondere Bier mit dem delikaten Eichenfassaroma. Der weisse Hase schaut im Hintergrund, dass es der Festgesellschaft an nichts fehlt. Auf der Bühne singen die drei Könige Weihnachtslieder, Sophie begleitet sie auf dem Alphorn und wer den Text kennt, singt mit. Geschenke werden getauscht, ausgepackt und bewundert. Und schliesslich – zum Dessert – tischt der Koch den berühmten Weihnachtsbrei auf – nicht nur für die Wichtelfamilie selbstverständlich, sondern für alle Gäste. Die Wichtel staunen und rufen fröhlich „God Jul till er alla!“
Und das wünschen wir all unseren Adventskalender-Leserinnen und –Lesern auch:

Allen ein frohes Weihnachtsfest!

Die Geschichte vom Weihnachtsbrei kann man im Buch „Das Geheimnis der Weihnachtswichtel“ nachlesen. Wer Schwedisch kann, soll sich den poetischen Text im Original „Julgröten“ nicht entgehen lassen.