Ursli & Flurina

2. Dezember 2020


Hoch oben, in den Schweizer Bergen liegt ein kleines Dorf. Hier leben nur noch ganz wenige Menschen. Die meisten der Dorfbewohner sind vor langer Zeit in die Stadt gezogen. In diesem Dorf steht ein ganz besonderes Haus. Die sonnengelben und weissen Wände sind mit Bildern verziert. Die hölzerne Eingangstüre leuchtet in einem feurigen Rot. Die Fensterscheiben sind aus vielen kleinen grünen Glaskreisen zusammengesetzt.

Hier wohnt der Ursli, seine Schwester Flurina, die Mama und der Bab. «Bab» ist rätoromanisch und heisst Papa. Viele Leute aus dem Dorf sprechen diese Sprache.

Der Ursli hilft bei den Hofarbeiten mit. Er schleppt die schweren Kessel mit Wasser vom Brunnen in den Stall zu den Tieren. Er füttert die Kühe, die Pferde und Ziegen mit frischem Stroh und Heu und hilft dem Bab beim Melken. Am liebsten melkt er die weisse Ziege «Zottel», sie ist ihm besonders ans Herz gewachsen.

Früher hat sie mal der alten Stina gehört, das ist aber eine andere Geschichte.

«Zottel, Zick und Zwerg»
Text und Bild: Alois Carigiet, Orell Füssli Kinderbuch, ISBN: 978-3-280-01441-7

Flurina, seine kleine Schwester, möchte immer dabei sein und alles machen, was er macht. Ihr könnt euch sicher vorstellen wie das für den Ursli ist.
Die Wasserkessel sind ihr doch viel zu schwer und beim Melken treten die Ziegen immer nach ihr.
Schon lange liegt tiefer Schnee im und um das Dorf. Die Spinnerin vom Nachbarsdorf hat schon im Frühling gesagt: «ein harter Winter wird kommen». Wie recht sie hatte.
Gut waren alle im Dorf fleissig und haben ihre Vorratskammern gefüllt und das Holz zum Trocknen eingelagert.
Die Mutter vom Ursli hat das Ziegenfleisch zu Würsten verarbeitet und im Kamin zum Räuchern aufgehängt. Die Kartoffeln im Keller eingelagert, die Kürbisse eingekocht und in Gläser abgefüllt.
Der Vater hat eine grosse Tanne gefällt und mit der Axt kleine Holzscheite gespalten.
An den langen, kalten Abenden sitzt die ganze Familie um den Kachelofen und geniesst die wohlige Wärme und das knacksen der trockenen Holzscheite.

Der Schellen-Ursli hat den Schlitten vom Dachboden geholt und die Kufen scharf geschliffen.

Bald soll das erste Schlittenrennen stattfinden. Eigentlich machen da nur die Buben aus dem Dorf mit, aber Flurina möchte unbedingt wieder dabei sein. Beim letzten Mal hat sie ihre kleinen Arme so fest um Ursli geschlungen, dass er fast keine Luft mehr bekommen hat. Ausserdem stemmt sie ihre kleinen Füsse immer in den Schnee um abzubremsen – sie hat es nicht so gerne, wenn es zu schnell geht.
Dem Ursli kann’s aber nicht schnell genug gehen! Es nervt einfach – warum kann seine Schwester nicht wie die anderen Mädchen aus dem Dorf mit Puppen spielen, stricken oder nähen.
Ihr wollt sicher wissen, warum der Ursli sie trotzdem immer wieder mitnimmt…
…an den Abenden, wenn alle Arbeiten getan sind und die ganze Familie gemütlich auf der warmen Ofenbank sitzt, liest Florina ihrem Bruder vor.
Lesen, dass konnte sie viel besser als er!
So oft wie möglich gehen die zwei in Armins Buchhandlung und stöbern in den vielen, schönen Büchern, die es dort zu kaufen gibt. Wenn nur der Weg dorthin nicht so weit und mühselig wäre!
Heute Abend liest Florina aus dem Buch «Olles Reise zu König Winter» vor.

Olle ist gleich alt wie der Ursli. Er lebt in Schweden. Auf der Suche nach dem König Winter begegnet Olle Väterchen Frost und Mütterchen Tau.
Habt ihr die auch schon einmal gesehen?
Und wie sieht das Schloss von König Winter wohl aus?

«Olles Reise zu König Winter»
Text und Bild: Elsa Beskow, Verlag Urachhaus, ISBN: 978-3-8251-7465-1